Reflexion 2006

Gelungenes und Vorläufiges



MOKI – Klasse   Am Mirker Bach

Reflexionen nach drei Jahren vollständiger  Altersmischung


Ralf Orthey 2006

Diese Bilanz führt die Reflexionen des Textes: „Moki-Klasse  Am Mirker Bach, Arbeitsweise, Materialien, pädagogische Grundsätze und Reflexionen des ersten Jahres, 2004“ fort und bezieht sich stellenweise darauf. Dort gemachte Aussagen werden hier nicht wiederholt, so sie sich nicht als revisionsbedürftig erwiesen haben.

1.        Einmalige Ereignisse

Im Jahre 2003 wurde durch die Uni Wuppertal im Rahmen einer Magisterarbeit eine sprachwissenschaftliche Untersuchung zur Deutschkompetenz ausländischer Kinder in der Klasse durchgeführt („Migrantenkinder in einer deutschen Grundschule“, Simone Jambor, Wuppertal 2003).

Ebenfalls durch die Uni Wuppertal wurde im Jahre 2005 im Rahmen einer Dissertation ein Projekt zur Textüberarbeitung von Katja Stengel-Kühl durchgeführt.

Seit Einrichtung der Klasse im Jahre 2003 fanden regelmäßig Hospitationen durch die Bezirksregierung, die Schulaufsicht, durch Schulleiter, Kollegen, Moderationsteilnehmern, Eltern, Lehramtsanwärter und Praktikanten statt.

Seit Februar 2006 wird die Lehramtsanwärterin Nicole Kreischer (Fächer: Deutsch und Kunst) auch in unserer Klasse ausgebildet.


2.        Wiederkehrende Ereignisse

2.1.        Klassenfahrt

Im Frühsommer 2005 wurde zum ersten mal mit dem gesamten Klassenverband in seiner Altersheterogenität eine Klassenfahrt zu einem Reiterhof ins Münsterland durchgeführt, die neben mir von einer Mutter aus der Klasse begleitet wurde. Nur zwei (Geschwister-) Kinder haben an dieser Fahrt nicht teilgenommen. Meine ursprüngliche Sorge, schon mit Erstklässlern eine viertägige Klassenfahrt nebenwirkungsarm durchführen zu können, hat sich nicht bestätigt.
Zwar traten durchaus Heimweh und Verlustängste auf; betroffen hiervon waren aber überraschenderweise Kinder des zweiten Schuljahres
  


    

Wegen der insgesamt positiven Resonanz bei Kindern und Eltern wurde im Herbst 2005 durch die Klassenpflegschaft beschlossen, eine solche Fahrt regelmäßig alle 2 Jahre zu veranstalten. Selbst wenn ein Kind des ersten Schuljahres an diesen Fahrten nicht teilnehmen wird, ist sichergestellt, das jedes Kind mindestens einmal in seiner Grundschulzeit an einer Klassenfahrt teilnimmt. Jedes Kind kann aber maximal zwei mal in seiner Grundschulzeit an diesen geplanten Fahrten teilnehmen. Die nächste Fahrt findet im Juni 2007 statt.
Da alle Fahrten zum Schuljahresende durchgeführt werden, dienen sie gleichzeitig als Abschlusserlebnis, insbesondere für die Kinder der jeweiligen vierten Schuljahre.
  





2.2.        Schuljahresabschlussfeier

In den Jahren, in denen keine Klassenfahrt stattfindet, wird der Schuljahresabschluss und der anstehende Schulwechsel auf andere Weise zelebriert:
Dieses Jahr erstmalig geschah dies durch einen Besuch der neuen Kletterhalle „Wupperwände“ mit anschließendem Picknick, das von den Eltern vorbereitet wurde.
Ziel war es, Kinder untereinander und Eltern und Kinder in gemeinsame Aktivität zu bringen und zu binden.  Für alle Beteiligten war das Klettererlebnis, die Auseinandersetzung mit der eigenen Angst, die körperliche Anstrengung und die Vertrauenserfahrung, durch den Partner gesichert zu werden, ein rundherum gelungenes Abschlusserlebnis.
Bis auf weiteres ist beabsichtigt, diese Form der Abschlussfeier  fortzuführen.

2.3.        Erntehelfer

Im Spätsommer 2005 besuchte die Klasse zum zweiten mal den biologischen Bauernhof „Scheppershof“ und half dort bei der Kartoffelernte. In den Folgetagen verarbeiteten die Kinder Teilmengen der geernteten Kartoffeln mit Elternhilfe in der Klasse zu einem Kartoffelsalat.
Auch hierzu war die Resonanz der Kinder und Eltern ungeheuer groß, sodass solche Ernteeinsätze auch zukünftig regelmäßig durchgeführt werden. Geplant ist darüber hinaus ein zweiter Frühjahrstermin, bei dem die Kinder möglicherweise zur Zwiebelsaat eingesetzt werden. In diesem Jahr musste dieser schon geplante Einsatz aus Wetterbedingungen abgesagt werden.Am beeindruckendsten für mich war dabei die Beobachtung, wie gern und freudvoll Kinder arbeiten.
  
2.4.        Weihnachtsfeier


Obwohl der Anteil konfessionsloser Elternhäuser, bzw. Elternhäuser mit nichtchristlichem Hintergrund in der Klasse und erst recht in der Schule überproportional hoch ist, haben Befragungen der Eltern regelmäßig einen starken Wunsch nach einer Weihnachtsfeier in der Klasse ermittelt.  Diese Weihnachtsfeiern wurden von den Kindern in klassisch traditioneller Weise vorbereitet, indem Gedichte und Weihnachtslieder eingeübt wurden, Eltergeschenke gebastelt wurden und Weihnachtsplätzchen gebacken wurden.
Bisher ist es immer gelungen, durch tatkräftige Unterstützung der Eltern den Klassenraum von den Kindern unbemerkt und kurzfristig weihnachtlich zu schmücken und einen Weihnachtsbaum aufzustellen. Als besonderes Erlebnis durften die Kinder die nachmittägliche Weihnachtsfeier über die von außen zum Klassenraum führende Brandschutztreppe betreten, die – in Anlehnung an das Lichterfest auf dem Ostersbaum – mit Teelichtern beleuchtet war.

2.5.        Außerschulische Lernorte

Der Mirker Hain ist zu einem außerschulischen Lernort geworden, der regelmäßig besucht wird. Im Winter waren wir bisher zwei mal dort zum Schlitten fahren, im Frühling beobachten wir dort den keimenden Frühling und fotografieren ihn, im Hebst sammeln wir dort die Früchte des Waldes.


Eine Mutter aus der Klasse ist Klavierbauerin mit einer Werkstatt in der Düppelerstr. Im Kontext des Themas: „Arbeitsleben, Berufe der Eltern“ bot sie uns im Jahre 2005 an, ihre Werkstatt regelmäßig besuchen zu dürfen. Dieses Angebot haben wir gerne angenommen.

2.6.        Frühjahrsputz

In diesem Frühjahr wurde der Klassenraum zum zweiten mal an einem Samstagmorgen von Eltern und mir geputzt und generalüberholt.  Neben der Notwendigkeit, die vorbereitete Umgebung in einer Montessoriklasse regelmäßig zu warten und zu pflegen, hat dieser elterliche Einsatz zwei durchaus erwünschte Nebeneffekte: Die Eltern treten in gemeinsame Aktivität, die sie verbindet und es findet Identifikation mit der Lernumgebung der Kinder statt.

3.        Reflexionen

3.1.        Arbeitsbedingungen

Nach drei Jahren Unterrichtstätigkeit in der jahrgangsgemischten „Mokiklasse“ lassen sich nun die Bedingungen formulieren, unter denen gewährleistet werden kann, dass alle Kinder mindestens die verbindlichen Anforderungen  der Richtlinien erreichen (Ausnahmen s.u.):
§        Mit einer Klassenstärke von 28 Kindern ist die Obergrenze erreicht, bei der individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes vollzogen werden kann.
§        Die jüngeren Kinder, d.h., die Eingangsstufe, sind ganz eindeutig die Gewinner und größten Nutznießer der Mischungssituation. Sie lernen schneller und mehr als es entsprechende Kinder in meinen früheren Jahrgangsklassen getan haben, d.h. auch, sie erreichen die weiterführende Stufe auf einem relativ höheren Niveau. Dies gilt in ganz besonderem Maße für das Fach Mathematik.
Im Hinblick auf die älteren Kinder, d.h., die weiterführende Stufe, gilt festzuhalten, dass sich meine Arbeitsbedingungen, das sind auch die Förderbedingungen, im Laufe der letzten drei Jahre kontinuierlich verschlechtert haben. Im ersten Jahr der Mischung standen mir an vier Tagen die jeweils fünften und sechsten Schulstunden für externe Differenzierung zur Verfügung. Die „Maxis“, also Klasse drei und vier, wurden davon an drei Tagen separat unterrichtet, die „Minis“ an einem Tag.
Dieser separierte Unterricht war für beide Altersgruppen sinnvoll und äußerst  effektiv, selbst bei den Minis, die an diesem Tag zwar 6 Stunden Unterricht hatten, aber dennoch durchaus aufnahmefähig und konzentriert bis 13.30 Uhr gearbeitet haben (s. hierzu auch die Reflexion der „frischen Luft Pause“).


Die Maxis, immerhin noch eine jahrgangsgemischte Gruppe in der Stärke von 10 bis 14 Kindern, brauchten, nutzten und genossen diese Stunden, in denen sie den Lehrer endlich einmal „für sich“ hatten und man ohne „Störung“ durch die Minis sich  den wichtigen und schwierigen Themen des Lebens und der Schule widmen konnte.
Die Bereitschaft der Gruppe, in relativ kurzer und kostbarer Zeit Neues, Schwieriges oder Lästiges bearbeiten zu können, war sehr hoch.
In meiner Einschätzung haben und hatten diese Kinder auch ein Recht auf eine solche Unterrichtsversorgung, zumal sie in dem großen Zeitblock des gemeinsamen Unterrichtes, täglich von 8 Uhr bis 12 Uhr, durchaus die unausgesprochenen Verpflichtungen des in der Klasse geltenden Generationenvertrages  erfüllt hatten, nämlich immer auch Helfer, Ansprechpartner  und Vorbild für die Minis zu sein.
Im Verlaufe der letzten drei Schuljahre ist dieser externe Förderblock aus organisatorischen und personellen Gründen immer weiter abgeschmolzen worden, sodass jetzt der einzige Teilgruppenunterricht nur dann stattfinden kann, wenn Kinder des dritten oder des vierten Schuljahres für eine externe Englischstunde die Klasse verlassen, bzw. Kinder der vierten Klasse den Verband für eine externe Sachunterrichtsstunde verlassen.
Diese externe Differenzierung ist aber deutlich zu gering und praktisch wird dieses punktuelle, kurzzeitige  Herausziehen kleinerer Teilgruppen aus dem Klassenverband während  der Kernzeit des gemeinsamen Unterrichtes eher als Störung denn als Wohltat empfunden.
Fazit: Mindestens zwei Unterrichtsblöcke in der Zeit von 12 Uhr bis 13.30 Uhr nur für die Maxis sind nach der bisherigen Erfahrung organisatorischer  Mindeststandard, um erfolgreiches Weiterlernen in der weiterführenden Stufe gewährleisten zu können.  


Eine Unterschreitung dieser Bedingungen verursacht eine Situation, in der die berechtigen Erwartungen der Eltern an eine kontinuierliche Förderung ihres Kindes bis hin zum Ende der Grundschulzeit nicht mehr erfüllt werden können.

3.2.        Arbeitsweisen in der Klasse

3.2.1.        „Frische Luft Pause“

Mächtigstes Argument für Beibehaltung der „frischen-Luft-Pause“ war die Erfahrung, dass selbst Kinder des ersten Schuljahres regelmäßig in der Lage waren, auch noch um 13 Uhr konzentriert und aufmerksam in der Klasse arbeiten zu können.
Entgegen der landläufigen Erfahrung, dass die Aufmerksamkeitsspanne und die Arbeitsfähigkeit von (Grund-) Schulkindern kontinuierlich im Laufe eines Vormittags sinkt, konnte beobachtet werden,  dass durch hinreichende Rhythmisierung des Vormittages und ausreichende Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten – Rückzug auch vom Denken, vom gefüllten Klassenraum und von der Nähe der Klassenkameraden – die Kinder aller Altersstufen immer wieder neu in Aufmerksamkeits- und Neugierphasen geführt werden können. Nach wie vor nutzen nie alle Kinder die zusätzliche Bewegungspause. Einige nutzen und genießen statt dessen den geringer bevölkerten Klassenraum. Ernsthafte Probleme – Streitereien, Übergriffe im Klassenraum während meiner Abwesenheit – gab es nie. Nach wie vor wird diese Pause regelmäßig von mir zu Kopfrechenphasen missbraucht, die von einer Teilgruppe der Kinder auch massiv eingefordert wird.

3.2.2.        „Wochenrückblick“

Jeden Freitag wird die Woche mit einem sogenannten Wochenrückblick abgeschlossen. Dieser findet im Außenkreis statt. Jedes Kind hat die Gelegenheit, positive wie auch negative Ereignisse der ausgehenden Woche noch einmal coram publico zu benennen ( „ich habe mich darüber geärgert, dass…“, „Mir hat gefallen, dass…“). Die Kinder rufen sich dazu untereinander auf und die Gesprächsrunde endet, nachdem alle, die wollten, gesprochen haben.  Jede Äußerung ist möglich, von mir wird kein Beitrag der Kinder kommentiert.
Insbesondere bei den jüngeren Kindern ist regelmäßig zu beobachten, dass es sie anfangs viel Überwindung und Mut kostet, sich in dieser Runde zu äußern. Der Stolz und das gestiegene Selbstbewusstsein nach vollbrachter Tat ist ihnen anzusehen. Gelegentlich wird es den jüngeren Kindern auch nicht leicht gemacht, weil manche ältere Kinder durchaus kritisch sowohl zum Inhalt als auch zur Form der Äußerung nachfragen („Das ist aber unlogisch…“, „Warum guckst du beim Sprechen immer an die Decke?“).
Für alle Kinder ist diese Gesprächsrunde zu einer wichtigen Einrichtung geworden, die von allen auch ausdrücklich eingefordert wird.

3.2.3.        Forscheraufträge

Wie schon im Kapitel „Arbeitsbedingungen“ angedeutet, hat es sich als schwierig erwiesen, das Fach Sachunterricht für alle Altersgruppen gleichzeitig angemessen zu unterrichten. Hier besteht für die älteren Kinder eindeutiger äußerer Differenzierungsbedarf – der ja auch in der Vergangenheit möglich war.
Als Kompromiss wurde zu der Arbeitsweise „Forscherauftrag“ gegriffen. Die Klasse hat bisher 12 Forscheraufträge bearbeitet zu unterschiedlichen Themenfeldern des Sachunterrichtes (Zähne, Schildkröten und andere Kriechtiere, Glück, Körper und Gesundheit, …).

Die Aufgaben werden auf einem Blatt schriftlich gestellt. Diese Blatt muss in das Forscherheft eingeklebt werden. Dort werden die Antworten und Arbeitsergebnisse dokumentiert. Die einzelnen Aufgaben schwanken stark im Schwierigkeitsgrad ( „Male…“, „Finde mit Hilfe der Suchmaschine „Blinde Kuh heraus,…“). Für die Bearbeitung haben die Kinder zwei Wochen Zeit.
Für die Kinder der Eingangsstufe gilt:

-        Lies, was du lesen kannst.
-        Lass dir die Aufgaben vorlesen.
-        Versuche, viele Aufgaben mit Hilfe deiner Klassenkameraden oder deiner Eltern herauszubekommen.
-        Wenn du etwas herausgefunden hast, kannst du die Antwort auch einfach sagen.
Für die älteren Kinder sind natürlich alle Aufgaben obligatorisch.

Ein nicht beabsichtigter Effekt dieser Arbeitsform ist, dass besonders ehrgeizige und bildungsbewusste Eltern ihre Kinder zu Hause massiv bei der Bearbeitung der Forscheraufträge unterstützen.

3.2.4.        Eingesetzte Materialien zur Lernstandserhebung

Im Bereich Sprache werden in der Eingangstufe zur Lernstandsermittlung selbst erstellte Lese- und Sprachverstehenstests, Materialien – insbesondere den Bild-Wort-Test – aus dem Sommer-Stumpenhorst Paket und der Stolper-Wörter-Lesetest von Wilfried Metze verwendet.
Im Bereich Mathematik werden selbst erstellte Prüfverfahren eingesetzt.
In der weiterführenden Stufe werden in Mathematik und in Sprache sowohl selbst erstellte Materialien, wie auch kollegiumsintern erstellte Prüfverfahren (Vergleichsarbeiten) und natürlich die einschlägigen „Vera-Verfahren“ eingesetzt.

3.2.5.        Wochenplan geleitete Freiarbeit

Diese Überschrift enthält einen immanenten Widerspruch.  Freiarbeit im Sinne Montessoris ist nicht geleitet, sondern frei.
Dennoch habe ich den Begriff in einem der ersten Konzepte benutzt. Die Konsequenzen des immanenten Widerspruches habe ich bis heute zu tragen.
Die Erfahrung, die alle angehenden Montessorilehrer im Kontext ihrer Hospitationen erfahren, dass dort nämlich tatsächlich Kinder ihren Klassenraum  morgens betreten, zu einem der Regale gehen, ein Arbeitsmittel entnehmen, damit zu ihrem Platz gehen und es bearbeiten, kann ein Beobachter der Mokiklasse Am Mirker Bach nicht machen.
Die Motivation der Kinder, sich mit Freiarbeitsmaterialien auseinander zu setzen, insbesondere mit denen, die nur über einen geringen Spielanteil verfügen (so wie ihn Kartenspiele, Brettspiele, Lernspiele am PC besitzen), gründet sich in der empfundenen Verpflichtung, „den Wochenplan zu schaffen“. (Ausnahmen hiervon bestätigen nur die Regel).


Nun unterscheidet sich Arbeitsweise und Stundenplan in unserer Klasse deutlich von den mir bekannten Montessorischulen in der Weise, dass dort nach einer ersten gemeinsamen Freiarbeitsphase der jahrgangsgemischte Klassenverband aufgelöst wird und die Kinder in den Folgestunden  Fachunterricht in Jahrgangsverbänden haben.

Ob dies der bessere Weg ist, mag ich nicht beurteilen; meine ursprüngliche Entscheidung, die Freiarbeit durch Wochenplanaufgaben zu ergänzen und dadurch das Merkmal „frei“ einzuschränken, war aus der Sorge heraus begründet, nicht alle Kinder an die geforderten inhaltlichen Standards heranführen zu können.
Zum jetzigen Zeitpunkt  kann nur vorläufig geurteilt werden, dass das hier vorgestellte Modell „funktioniert“, (Ausnahmen s.o. und s.u.), mögliche Modifizierungen für die Zukunft aber nicht ausgeschlossen werden.

3.2.6.        Problematische Teilgruppen

Für zwei Gruppen von Kindern, die an unserer Schule und damit auch in der Mokiklasse lernen, müssen negative Prognosen über erfolgreiches Lernen gemacht werden:
Eine Teilgruppe der ausländischen Kinder an unserer Schule, vornehmlich türkischer Herkunft, verfügen mit Schuleintritt über so geringe und fragmentarische Deutschkenntnisse, dass – so zeigt die langjährige Erfahrung – schon im ersten Schuljahr abzusehen ist, dass diese Kinder weder die Mindeststandards, noch die verbindlichen Anforderungen erreichen werden. Diese Gruppe ist in dem Sprachförderkonzept unserer Schule sprachwissenschaftlich beschrieben worden.  

Die zweite Gruppe „problematischer Kinder“ sind solche, die i.d.R. im schulärztlichen Gutachten zur Einschulung zwar als „schulfähig“ eingestuft wurden, denen aber darüber hinaus ein erhöhter Förderbedarf auf sprachlicher und/oder motorischer Ebene attestiert wird.
Für beide Gruppen prognostiziere ich, dass sie die Standardtests im Rahmen eines VO-SF nicht bestehen würden.
Die aktuelle bildungspolitische Tendenz, insbesondere auf frühe schulische Ausgrenzung zu verzichten und statt dessen Lernen in stark heterogenen Lerngruppen zu favorisieren, wird hier ausdrücklich begrüßt.
Dennoch müssten die Grenzen des Lernens hier ehrlich erkannt und benannt werden dürfen.
Aus meiner Sicht ist es wünschenswert, für solche Kinder über „abgespeckte Lernstandards“ nachzudenken, um das unerwünschte Auslagern dieser Kinder in „homogene  Verlierergruppen“ und die damit verbundene Stigmatisierung zu verhindern.

3.2.7.        Rückmeldungen an die Eltern

Wie in dem Konzept aus dem Jahre 2004 beschrieben, erhalten die Eltern wöchentlich eine schriftliche Rückmeldung darüber, ob ihr Kind seinen Wochenplan vollständig bearbeitet hat, mit der Bitte, diese Nachricht gegen zu  zeichnen.
Ähnlich wie bei dem häufig gewählten Verfahren, Klassenarbeiten von den Eltern aus naheliegenden Gründen unterschreiben zu lassen, zeichnen sich auch hier die Lücken einer solchen Vorgehensweise ab: Positive Rückmeldungen werden den Eltern immer und gerne gezeigt, negative Rückmeldungen nur dann, wenn ausreichendes Vertrauen zwischen Kindern und Eltern herrscht und für die Kinder keine negativen Folgen zu befürchten sind.

3.3.        Vorbereitete Umgebung

3.3.1.        Versicherungsschutz

Ein bis auf den heutigen Tag ungelöstes Problem ist der Schutz des (Montessori-) Materials durch Diebstahl oder Zerstörung.
Wegen baulicher Veränderungen im Zuge des Brandschutzes und durch die nachmittägliche Nutzung des Schulgebäudes durch Dritte kann  erstens der Klassenraum nicht mehr abgeschlossen werden und zweitens der Zugang zum Inventar der Klasse nicht mehr auf die Kinder unserer Klasse beschränkt werden.
Versicherungsschutz besteht nicht und ist wohl auch nicht zukünftig zu erwarten.

3.3.2.        Nutzung des Klassenraumes

Der Klassenraum wurde in dem vergangenen Jahr zwei mal als Veranstaltungs- und Anschauungsort für „Schelfs“ zum Thema:  „Unterricht in jahrgangsgemischten Klassen“ genutzt.

3.3.3.        Gestaltung des Klassenraumes



Wie viele andere Lehrer auch hätte auch ich gerne einen zweiten Klassenraum zur Verfügung, in dem zusätzliches Unterrichtsmaterial untergebracht könnte oder in dem Teilgruppen arbeiten könnten.
Da dieser fromme Wunsch wahrscheinlich für immer unerfüllt bleiben wird, bedarf es eines hohen Maßes an innenarchitektonischen Geschickes und Phantasie, den Klassenraum so zu gestalten, dass er die unterschiedlichen Ansprüche an eine vorbereitete Umgebung (ausreichend Stellfläche für Arbeitsmaterial in einer für Kinder zugänglichen Höhe, genügend Ecken, in die man sich mit Material zurückziehen und es bearbeiten kann, Raum für ein Plenum) erfüllen kann.
Dabei ist natürlich immer alles ein Kompromiss.
Einer Anregung aus der Grundschule Haarhausen folgend habe ich im Jahre 2005 eine Veränderung des Klassenraumes vorgenommen, dergestalt,  dass verschiedene Regale quer in den Raum gestellt wurden, sodass der Klassenraum eine stärkere innere Durchgliederung erfuhr.
Der Effekt dieses Systems ist eine stärkere Trennung von Sitz- und Arbeitsgruppen und eine Reduktion desjenigen Konfliktpotentials, das durch zu große Nähe der Kinder untereinander entsteht. Das Handeln der Kinder im Raum wurde störungsärmer.
Der Preis hierfür war die Aufgabe des „Innenkreises“, (s. Konzept 2004), der durch diese Veränderung nicht mehr ohne großen Aufwand eingerichtet werden kann.


3.3.4.        Neue Materialien

Das klassische Montessorimaterial wurde in bescheidenem Maße aufgestockt (Botanischer Kartensatz, arbio, Tierpuzzle aus Holz, Teilungskasten, Einsatzzylinder, Farbtäfelchen, Kasten mit Ziffernplättchen) und aus Mitteln der „Montessorivereinigung Wuppertal e.V.“  finanziert.
In die Sammlung klassischer Spiele wurde „Monopoly“ aufgenommen. Als multifunktionales Lernspiel (Lesefähigkeiten, Kopfrechnen, Sachrechnen, Rechnen mit großen Zahlen) erfreut es sich bei den Kindern wegen seines Bekanntheitsgrades und seines hohen Spielwertes großer Beliebtheit.
Inzwischen verfügt die Klasse über drei gut funktionierende PCs, die mit Internetzugang ausgestattet sind. Die sehr guten Lernspiele aus dem Hause Mühlacker (Lernwerksatt und Schreiblabor) tragen zu einer hundertprozentigen Auslastung dieser neuen Medien bei.

Seit Juni 2006 verfügt die Klasse auch über eine eigene Email-Adresse: Mokiklasse@web.de.

Der Zugang zum Internet erweitert die Möglichkeiten des Lernens für viele Kinder enorm; nicht verhehlen möchte ich aber auch die Schattenseiten des Fortschrittes, die sich z.B. im Aufrufen unerwünschter Seiten durch die Kinder manifestieren.  Hier muss die Zukunft zeigen, wie ein kindgemäßer Umgang mit diesem Medium etabliert werden kann.

Die Auslastung der Klassenbücherei unterliegt starken konjunkturellen Schwankungen. Den häufigsten Gebrauch davon machen immer wieder die Leseanfänger, die sich gerne und stolz ihrem ersten Buch zuwenden, nachdem der Leseprozess auf der Wort- und Satzebene abgeschlossen ist.
Der Zugriff der älteren Kinder auf die Bücherei, für die durchaus angemessenes Lesematerial bereit steht, war im letzten Schuljahr leider gering. In diesem Kontext wird darüber nachgedacht, durch zusätzliche Impulse im Unterricht die Lesebereitschaft der älteren Kinder zu erhöhen. Möglicherweise zeichnet sich aber hier ein allgemeiner Trend im Lese- und Freizeitverhalten von Kindern ab, der weg vom Buch und hin zum Bildschirm geht.