Die Idee: Montessori am Mirker Bach

Konzept einer jahrgangsübergreifenden Klasse 1 – 4, die in Anlehnung an Montessoriprinzipien geführt wird


Ralf Orthey 2003


Klassenzusammensetzung

Die Klasse wird jahrgangsübergreifend Klasse 1 bis Klasse 4 geführt.
Der Vorteil dieser Zusammensetzung besteht in der Tatsache, dass fast eine ganze Schulgeneration gemeinsam  ihre Schulzeit mit der Erfahrung verbringt, dass auch ältere Kinder noch älter werden und dass Geburtstage gefeiert werden, die in der eigenen Biographie  schon weit zurück liegen.
Es ist dies die Erfahrung der (Groß-)Familie, die Erfahrung eines Gemeinwohls.
  
Für die jüngeren Kinder gibt es neue Vorbilder, für die älteren Kinder gibt es ein Besinnen auf Vergangenes. Der Lauf des Lebens wird sichtbar und ist in der Klasse durch ihre Mitglieder repräsentiert.

Die Situation der maximalen Altersmischung in der Klasse greift zwei Eigenschaften von Kindheit auf, die alle Kinder in ihrem Privatleben wiederfinden.   Nicht alle Freunde sind gleich alt und nicht alle Gleichaltrigen können, wollen und interessieren sich für das Gleiche.

Jedes Kind macht einmal jährlich die Erfahrung, dass ältere den Verbund verlassen. Jedes Kind macht die Erfahrung, dass es altert: Jüngere, kleinere kommen nach, können weniger und sind dennoch willkommene Mitglieder der Kommune.
Die Jüngeren finden Vorbilder und können sich an deren Kompetenzen orientieren und diesen nacheifern. Dadurch entsteht Lernen, unabhängig vom Lehrer. Die dadurch „frei werdende Instruktionszeit des Lehrers“ kommt den älteren zu gute.
Die älteren haben die Möglichkeit, von erreichten Lernplateaus zurückzuschreiten, um Vergessenes zu reaktivieren, ohne den Klassenverband verlassen zu müssen.  


Arbeitsweise


Zentrale Organisationsform und Arbeitsweise der Klasse wird die  vorbereitete Umgebung im Sinne Montessoris sein.
  
Das bedeutet, dass der Klassenraum, die Lernumgebung der Kinder, angefüllt sein wird mit Arbeitsmaterialien aus den Bereichen Sprache, Mathematik, Sachunterricht – u.U. auch Kunst und Musik – die folgenden Kriterien der Montessoripädagogik wird genüge tragen müssen:

1.        Das Material ist ästhetisch ansprechend und besitzt deshalb für die Kinder Aufforderungscharakter.

2.        Die Anwendung des Materials ist reduziert auf einen Anwendungsaspekt („Isolierung der Schwierigkeit“).

3.        Das Material ermöglicht – nicht immer – Eigenkontrolle.

4.        Jedes Ding hat seine Platz und ist an seinem Platz.

5.        Das Material erlaubt HAND eln.


Die alltägliche Arbeit der Kinder im Lern- und Klassenraum findet grö&tenteils in Freiarbeit statt. Das hei&t: Es wird eine Arbeitsroutine etabliert, die die Kinder entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und den individuell zu definierenden Lernzielen weitestgehend selbstständig mit dem Material arbeiten lässt. Die Rolle des Lehrers verändert sich. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich in der Bereitstellung einer angemessenen, fordernden und fördernden Lernumgebung und in der individuellen bzw. auf Teilgruppen bezogene Unterweisung und Hilfestellung und der Ermutigung, sich an diesem und jenem zu erproben.
  .  
Die Prinzipien der Wahlfreiheit -  Woran arbeitet das Kind?  Wie lange und wie oft arbeitet das Kind an einer Sache? Wo arbeitet das Kind? Mit wem arbeitet das Kind? -  werden wahrscheinlich nicht in der klassischer Weise umgesetzt werden können, da zum jetzigen Zeitpunkt nicht garantiert werden kann, dass auf diese Weise alle Kinder die durch die neuen Richtlinien definierten Mindeststandards erreichen
Ein Vorlauf in der bestehenden Jahrgangsklasse legt diese Vermutung nahe.


Leitidee der vorbereiteten Umgebung ist es, Kinder in ihren Lernprozessen, Erkenntniszuwächsen und ihrem Handeln (Lehrer-)unabhängig zu machen. Der Weg zum Wissen und zum Verstehen der Welt führt nicht mehr allein durch das Nadelöhr Lehrervortrag.

Fülle und Qualität der vorbereiteten Umgebung wird abhängig von den finanziellen Mitteln sein, die bei der  Erstausstattung des Klassenraumes vorhanden sind.




Inhalte

    


Inhalte und Lernziele des Unterrichtes werden durch die neuen Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule bestimmt. Erweitert wird der Lernzielkatalog durch Elemente, die in der Montessoripädagogik dem Bereich: „übungen des täglichen Lebens“ zugeordnet sind. Diese Erweiterung erscheint im Hinblick auf die laufende Unterrichtstätigkeit in einer Jahrgangsklasse dringend geboten: Viele Kinder im derzeitigen zweiten Schuljahr weisen Defizite auf beim Verrichten alltäglicher Arbeiten wie Anziehen, Schuhe zumachen, Pflege und Organisation des schulischen Arbeitsmaterials (Anspitzen, Radieren ...).  



Material



Im Vorgriff auf dieses Projekt wurde Sprachmaterial  erstellt, das versucht, die Lücke zu schlie&en, die häufig zwischen den Lesefähigkeiten am Ende des ersten Schuljahres (Wortlesen) besteht und den Anforderungen, die üblicherweise durch Sprachlehrwerke der Klassen 2 bis 4 an Kinder gestellt werden.    

Diese zielen nämlich fast immer auf Textverständnis ab, bzw. konfrontieren die Kinder mit Texten. Dies führt in vielen Fällen zur überforderung der Kinder. Deshalb ist hier vielfältiges übungsmaterial entstanden - und schon im Einsatz -  das zunächst den Satz, bzw. komplexe Satzstrukturen zum Objekt des verstehenden Lesens macht.
Dieses  Sprachmaterial ist modular aufgebaut und weist auf allen Ebenen die gleichen, immer wiederkehrenden Formatierungen und Lesehilfen auf.

Im Bereich Sachunterricht ist geplant, thematisch und morphologisch wechselnde Arbeitsplätze einzurichten, die zu wechselnden Zeiten den unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Kinder innerhalb der Lernkommune Rechnung tragen. Darüber hinaus ist geplant, regelmä&ig thematisch orientierte, sachunterrichtliche Projekte durchzuführen.
  

Im Bereich Sachunterricht besteht z.Z. der grö&te Anschaffungsbedarf und die grö&te planerische Unsicherheit, was die Gestaltung und die Integration der Arbeiten im Klassenverband angeht. Möglicherweise muss hier über eine äu&ere Differenzierung für ältere Kinder nachgedacht werden. Ob dies möglich und nötig sein wird, kann aber frühestens zum Zeitpunkt der Stundenplanerstellung für das Schuljahr 2003/04 entschieden werden.


In diesem Zusammenhang weiter beobachtungsbedürftig ist die Organisation und Durchführung des Unterrichtes im musisch-künstlerischen Bereich und im Sport.
Auch hier wird über äu&ere Differenzierung nachgedacht werden müssen.
Alles Neue bedarf der Evaluation und gegebenenfalls der Korrektur. Diese Korrekturmoment wird substanziell in das Projekt eingebettet.




Vorhandenes Material



Z.Z. vorhandenes, privat angeschafftes und selbst erstelltes Material:


Sprache   


1.        Sandpapierbuchstaben in Norddruck
2.        eine dazu passend entwickelte Lesemaschine
3.        Filzbuchstaben in VA
4.        Holzbuchstaben (Fühlbuchstaben)
5.        Lesedosen (Wort – Objekt)
6.        Lesedosen (Wort – Bildkarten, mit Lösungssatz)
7.        Lesedosen (Silben und kurze Wörter)
8.        Lesedosen (Mehrsilbige Wörter, auch mit mit Konsonantenclustern)
9.        Lesedosen (Frage – Antwort)
10.        Lesedosen (Satz – Bildkarten)
11.        Lesedosen (zerschnittene, komplexe Satzgefüge)
12.        Lesedosen (logische Wortpaare)
13.        Lesedosen (Artikel – Adjektiv – Nomen)
14.        Lesedosen (jeweils 3 Sätze, die in einen logisch-zeitlichen Zusammenhang gelegt werden müssen)
15.        Satzbaukästen aus Wörtern, die auf Holzquadern aufgeklebt sind
16.        Textbaukästen aus Sätzen, die auf Holzleisten aufgeklebt sind
17.        Auftragskarten
18.        Rätsel mit Selbstkontrollmöglichkeit


Alle Sprachmaterialien haben eine gemeinsame Formatierung mit einschlägigen, selbst entwickelten Lesehilfen.



Mathematik


1.        Farbiges Perlenmaterial ( Perlenstangen von 1 bis 10 Perlen mit jeweiliger Farbzuordnung)
2.        Numerische Stangen
3.        Rechenrahmen
4.        Seguintafel
5.        Cuisinairestäbe
6.        Hunderterfelder mit jeweils 100 Würfeln
7.        Würfelspiele
8.        Kartenspiele
9.        Rechengeld mit dazu passenden Rechenspielen
10.        Tausenderwürfel und Hunderterplatten


Software

1.        Budenbergprogramm
2.        Lernwerkstatt
3.        Blitzrechnen
4.        Pentopuz
5.        Word